Der Ukrainekrieg – und wir?
Schon weit über ein halbes Jahr tobt nun schon der Krieg in der Ukraine. Und wir – haben wir uns schon daran gewöhnt? Sind wir zur Tagesordnung übergegangen?
Auch wenn es aus psychohygienischen Gründen immer wieder wichtig ist, zur Tagesordnung zu gehen und dadurch innere Ruhe und Handlungsfähigkeit zu ermöglichen: dieser Krieg muss ein Aufruf bleiben, sich Gedanken über den Frieden zu machen. Und bestenfalls auch aktiv zu werden.
Dies ist allerdings tatsächlich eine sehr komplizierte Angelegenheit, die Sprachlosigkeit vieler Friedensaktivisten spricht hier Bände.
Mit einer solchen Aggressivität auf nationaler Ebene, wie es die Invasion in der Ukraine darstellt, rechnete niemand in unseren Zeiten. Umso mehr motiviert uns Christen die Liebe Gottes in uns und unsere Verantwortung als „Salz der Erde, Licht der Welt“, Antworten in Jesu Geist darauf zu finden.
Die schnellen und bekannten Antworten auf internationale Bedrohung, nämlich militärische, waren im Ukrainekrieg Gott sei Dank bisher zurückhaltender als in früheren Zeiten. Hier hat unsere Bundesregierung von den meist katastrophalen Folgen militärischer Interventionen wie z.B. in Afghanistan gelernt.
Bei aller Komplexität der Frage von Rüstungslieferungen an die Ukraine, der von deutscher Seite zurecht äußerst differenziert und maßvoll begegnet wird, bleibt eines festzuhalten: angesichts der Ungeheuerlichkeit eines Krieges heute in Europa müssen die allergrößten diplomatischen Anstrengungen unternommen werden, um hier auf höchster internationaler Ebene auch nichtmilitärische, nachhaltige und damit zukunftsweisende Lösungen für internationale Konflikte zu entwickeln. Diese Bemühungen fehlen in eklatanter Weise.
Ich wünsche mir von der deutschen Bundesregierung hier ein viel stärkeres internationales Engagement, auch aufgrund ihrer historischen Verantwortung, um Russland, China, Indien, Israel, die Türkei und die „Westmächte“ an den Verhandlungstisch zu bringen. Die dem entgegenstehenden je nationalen Interessen müssen zugunsten des Weltfriedens und der Begegnung der Klimakatastrophe überwunden werden.
Aber was bleibt an Handlungsmöglichkeiten für den Einzelnen?
Es gibt derzeit viele nötige Handlungsfelder wie die Klima- und die Flüchtlingskrise – ich halte das Engagement um den Frieden das aktuell wichtigste, denn ohne Frieden kann keine der beiden anderen und weitere Krisen nachhaltig bewältigt werden.
Friedensliteratur, -kenntnisse und -gruppen gibt es viele: gerade über das Internet kann man sich heute sehr leicht informieren, Initiativen wie „Pax Christi“, „Internationaler Versöhnungsbund“, „Bund für Soziale Verteidigung“ oder „Sicherheit neu denken“ kann man unterstützen!
Eine interessante Möglichkeit fand ich bei dem Verein „Münchner Sicherheitskonferenz verändern“: der bemüht sich u.a., friedensstiftende Kenntnisse beim international hierzu bedeutendsten Treffen direkt an die Mächtigen zu bringen. Das Ziel ist eine Münchner Konferenz für Friedenspolitik (übrigens wurde der Verein 2006 vom inzwischen verstorbenen Vagener Josef Rottmayr sen. mitbegründet).
Unterstützung kann aber auch jede andere Friedensinitiative brauchen!
Und als Christen sind wir natürlich daneben immer aufgerufen, auch für den Frieden zu beten: in unseren Gottesdiensten genauso wie im persönlichen Gebet oder bei den diversen Friedensgebeten, z.B. beim ökumenischen Friedensgebet auf dem Feldkirchener Dorfplatz oder dem interreligiösen Friedensgebet in Bruckmühl (siehe je Zeitungsankündigungen hierzu).
Darin darf dann unser grundsätzliches Vertrauen in die Weiterentwicklung der Welt zum Ausdruck kommen – wie wir es ja gerade auf paradoxe Weise erleben, wenn wir nun durch den Ukrainekrieg zu einem deutlichen Energiesparen aufgerufen sind und damit die Schöpfung schonen helfen, wie wir es durch die Klimakrise allein nie getan hätten. Oder wie wir Frieden und seine Bedingungen auf neue Weise schätzen lernen, wie wir es sonst nie erlebt hätten – die Welt verändert sich. Lassen wir uns durch unseren Glauben weiter inspirieren und motivieren, dass sie sich in Richtung Reich Gottes verändert!
Markus Brunnhuber