Neuer Kreuzweg am Goldbach in Vagen aufgestellt
Wer weiß eigentlich noch: Was ist ein Kreuzweg? Sucht man mit den heutzutage üblichen Mitteln der Recherche nach dessen Bedeutung, bekommt man zwei Antworten. Erstens: Eine Stelle, an der sich zwei Wege kreuzen. Zweitens: Eine bildliche Darstellung der via dolorosa in vierzehn Stationen, die von Gläubigen betend abgeschritten werden. Natürlich ist letzterer gemeint, der Leidensweg Jesu, der nach christlicher Überlieferung vom Amtssitz des Pontius Pilatus zum Hügel Golgotha führt, also dem Weg, den Jesus vor seiner Kreuzigung zurücklegen und sein Kreuz größtenteils selbst tragen musste. Im Gedenken daran werden seit dem Mittelalter an Wegen um Kirchen und in Kirchen selbst Kreuzwege erbaut. So auch Mitte des letzten Jahrhunderts am Goldbach in Vagen.
Oberhalb des Schlosses der Familie von Aretin wurden vierzehn metallene Tafeln an Bäumen, die den Weg säumen, angebracht und am 27. August 1952 von Franziskanerpater Engelbert eingeweiht. Gemalt wurden die Bilder, künstlerisch vollendet, von einer Tante der Familie von Aretin. Doch der Zahn der Zeit nagte an den Bildnissen. Stark verwittert, teilweise sogar eingewachsen in die Bäume, an denen Sie aufgehängt waren, waren sie praktisch in Auflösung begriffen.
Dies aber wollte der Vagener Walter Rösel nicht einfach so hinnehmen. Seit Langem machte er sich Gedanken, wie die Wahrzeichen dieses Besinnungswegs wieder ins Leben gerufen werden könnten. Bei einem Spaziergang am Höglwörther See schließlich, in der Nähe von Anger im Rupertiwinkl, entdeckte er quasi die Blaupause für den neuen Prozessionsweg. Form und Ausführung dieser Illustrationen waren ideal als Vorlage geeignet. Doch konnte und durfte er natürlich nicht einfach die bestehenden Werke durch neue ersetzen. Deshalb wurde er bei Dorothea Freifrau von Aretin vorstellig, um ihr von seiner Idee zu berichten. Nachdem sie ihm signalisierte, dass eine Renovierung der in schlechtem Zustand befindlichen Bilder absolut in ihrem Sinne wäre, machte sich Rösel auf die Suche nach Helfern, Ideengebern und Sponsoren. Denn eins war klar: Eine komplette Neuerstellung der Tafeln würde erhebliche Kosten verursachen. Und er wurde fündig. Tatsächlich fanden sich zahlreiche Mitstreiter in der Sache.
Die Grundlage der Abbildungen bildeten dicke, massive Eichenholzbretter, die von Georg Schäffler, dem örtlichen Sägewerksbesitzer gespendet wurden. In vielen, aufwändigen Einzelschritten erstellte Alfred Adlberger daraus die kunstvoll geschwungenen Trägerplatten der Stationsbilder. Letztere wiederum wurden von Georg Meixner als hochwertige Fotoreproduktionen des Keramikkreuzwegs von Professor Düll-Petzold in Szene gesetzt. Ursprünglich waren diese Keramikbilder 1948 an den Seitenwänden der Vagener Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt eingemauert, 1984/85 aber durch die restaurierten Gemälde des historischen Leidenswegs von 1853 ersetzt worden. Wolfgang Zißler steuerte mit modernster Beschriftungstechnik kostenlos gravierte Beschilderungen in Edelstahlausführung bei. Um die Bildikonen zusätzlich vor vorzeitiger Verwitterung zu schützen, wurden von der Firma Nirschl unter großzügigem Preisnachlass Kupferdächer erstellt und montiert.
So schufen die beteiligten Hobbykünstler im Laufe einiger Wochen vierzehn gediegene Bildtafeln für die neue Vagener „via crucis“. Nun ging es daran, diese Abbildungen auch entlang des Goldbachs an seinen originalen Plätzen anzubringen. Die Idee der erneuten Montage an den Bäumen wurde rasch verworfen. Eine freistehende Aufstellung an Lärchenholzpfosten auf Metallsockeln war nämlich nicht nur zweckmäßiger, sondern unterstrich außerdem den individuellen Charakter jeder einzelnen Station. Die Finanzierung dafür übernahm die örtliche Elektrizitäts- und Wassergenossenschaft. Der letzte Kraftakt wurde dann mit tatkräftiger Unterstützung von Franz Baumann jun., Hans Schmid und Walter Rösel durch das Setzen der Pfostenträger und der Montage der fertigen Tafeln gestemmt. Nach all diesen umfangreichen Vorbereitungen obliegt es nun Pfarrer Augustin Butacu, den erneuerten Goldbachkreuzweg am 29. Oktober 2023 um 14.00 Uhr feierlich einzuweihen.
Initiator Walter Rösel dankt allen Aktiven, Gönnern und Spendern für ihren tatkräftigen Einsatz. Eins steht für ihn fest: Auch wenn er die Idee zur Renovierung hatte – ohne die vielen fleißigen Hände und großzügigen Spender, die gemeinsam am Projekt gearbeitet haben, sowie die finanzielle Unterstützung der Dorfgemeinschaft GbR, wäre diese Gesamtleistung nicht möglich gewesen. Und dem Vernehmen nach waren alle mit Freude und Eifer gemeinsam zu Werke. Wie es so treffend heißt – Der Weg ist das Ziel!
Text: Markus Steiner, Foto: Walter Rösel